Klimaleugner*innen im grünen Herzen Deutschlands

Ein Beitrag von Hannes Muellers

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Einleitung

„Klimaschutz ist die Aufgabe unserer Zeit“ – so beginnt Annalena Baerbock ihre Rede zur Kandidatur fürs Kanzleramt. Es gibt aber Initiativen, die sich das genaue Gegenteil zur Aufgabe gemacht haben. Sie leugnen oder relativieren wissenschaftliche Erkenntnisse und die Realität des menschengemachten Klimawandels. Im digitalen Zeitalter, das Fake-News, Querdenkenden und Verschwörungsmythen immer mehr Plattformen bietet, scheint das zunächst nur wenig verwunderlich. Doch nicht nur im Internet finden sich Klimaleugner*innen. In der deutschen Szene steht eine Initiative im Zentrum – das „Europäische Institut für Klima & Energie EIKE e.V.“  mit seinem Hauptsitz in Jena.

EIKE e.V. – fehlgeleitete Aufklärung aus der Lichtstadt

Das selbsternannte „Europäische Institut für Klima und Energie“ ist ein privater Verein, der 2007 gegründet wurde und sich nach eigenen Angaben aufklärerischen Zielen verschrieben hat. Insbesondere über umwelt- und energiepolitische Belange sollen Bürger*innen aufgeklärt und ihr Verantwortungsbewusstsein befördert werden. Unter diesen hohen Zielen wird dem Verein nach geltendem Recht zugesprochen, eine gemeinnützige Organisation zu sein.

Die Ziele von EIKE werden in den Grundsatzpapieren zu Energie und Klima, sowie der langen Liste an Beiträgen auf der Website deutlich gemacht. Mitglieder des Vereins diffamieren in Blogeinträgen und Publikationen international anerkannte Gremien wie den Weltklimarat der UN und bezeichnen den klimawissenschaftlichen Konsens als Alarmismus. So soll die Bevölkerung auf die scheinbar hysterische Klimapolitik der Bundesregierung aufmerksam gemacht werden.

Die politische Agenda von EIKE – Klimaleugnen wird salonfähig

Kaum verwunderlich also, dass die Expertise von EIKE auch von der AfD-Fraktion zu Rate gezogen wird. Der Vereinsvize Michael Limburg arbeitet im Büro eines AfD-Bundestagsabgeordneten und durch wissenschaftlich anmutende Thesen liefert EIKE der AfD die argumentative Basis für ihr politisches Programm gegen Klimaschutzmaßnahmen.[1] So hilft EIKE der AfD dabei, gesellschaftliche Ressentiments und Spaltung weiter zu befeuern und positioniert sich gleichzeitig in der Rolle der heldenhaften Aufklärer.

Um die eigenen Argumente zu bestärken, appellieren viele Blogeinträge bei EIKE auch an die Brieftasche der Bevölkerung. In den bekannten Verschwörungsnarrativ eingebettet, soll so das Bild einer Elite vermittelt werden, die unnötige Maßnahmen durchsetzen will um deutschen Bürger*innen das Geld aus der Tasche zu ziehen.  

Sich selbst finanziert EIKE nach eigenen Angaben nur durch Spenden von Mitgliedern. Vereinsgründer Holger Thuß ist jedoch gleichzeitig auch Vorsitz des deutschen Ablegers von CFACT, dem „Comitee for a Constructive Tomorrow“, einer Lobbyorganisation aus den USA. EIKE hat nicht nur zu dieser Organisation einen guten Draht, sondern ist auch mit dem amerikanischen Heartland Institute vernetzt. Beide werden unter Anderem von Lobbyunternehmen wie Exxon mobile gefördert. [2]

So überzeugen Klimaleugner*innen – drei Beispiele für Argumentationsstrategien:

Das Vortäuschen von Autorität:

EIKE setzt sich als international agierende und anerkannte Initiative in Szene. Es wird mit Publikationen geworben, die durch peer-review Verfahren das Einhalten wissenschaftlicher Standards vermitteln sollen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Vielzahl akademischer Abschlüsse, die die Verfasser*innen der Publikationen vorweisen können. So versucht EIKE auf seiner Website, trotz mehr als fragwürdiger Inhalte, den Eindruck wissenschaftlicher Autorität und Glaubwürdigkeit in Fragen des Klimawandels zu vermitteln. Dass diese Autorität nicht wirklich bei EIKE liegt, zeigt sich im Abgleich mit der tatsächlichen Faktenlage. Das Recherchezentrum „CORRECTIV“ bietet beispielsweise auf ihrer Website einen Faktencheck, in dem auch Artikel durchfallen, die von EIKE als empirisch erwiesen dargestellt werden.[3] Durch den Anschein wissenschaftlicher Autorität in einem komplexen Themengebiet wie dem Klimawandel gelingt es EIKE zwar, auf Laien und Fachfremde überzeugend zu wirken – die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit bröckelt jedoch, wenn man die Thesen der Initiative mit der überwiegenden Mehrheit wissenschaftlicher Publikationen abgleicht.

Vom Einzelfall zur Regel:

Inhaltlich unterlaufen den Blogeinträgen immer wieder Fehlschlüsse, die wissenschaftlich nicht haltbar sind. Ein Beispiel ist die Annahme EIKEs, dass CO²-Emissionen nicht schädlich seien, da sie für die Photosynthese bei Pflanzen notwendig sind und positive Folgen für die Landwirtschaft hätten. Wissenschaftlich betrachtet stimmt es zwar, dass CO² für Photosynthese benötigt wird – die erhöhte CO²-Konzentration in der Atmosphäre begünstigt jedoch erhöhte Temperaturen, Wetterextreme wie Dürre und andere negative Konsequenzen, die in der Rechnung von EIKE außen vor gelassen werden. Vom Einzelfall, in dem CO²-Emissionen nützlich sind, wird fälschlicherweise darauf geschlossen, dass CO²-Emissionen positive Konsequenzen haben.

Ursache-Wirkung Prinzip:

Auch in der Frage der Verantwortung für den Klimawandel greift EIKE zu kurz. Eine beliebte Argumentation der Klimaleugner verweist auf die geringe Menge CO², die von Deutschland emittiert wird. Da wir nur für rund zwei Prozent der jährlichen globalen Emissionen verantwortlich sind, würden Maßnahmen zum Klimaschutz vor Ort nichts nützen. EIKE missachtet allerdings die Tatsache, dass Deutschland auf Platz elf der weltweit höchsten CO²-Emissionen pro Kopf liegt. Dazu reihen sich eine Vielzahl wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Argumente, die dafür sprechen, trotz unseres augenscheinlich geringen Beitrags zur globalen CO²-Emission Klimaschutz zu betreiben.[4] Die großen Aufgaben des Klimawandels können zwar nur auf internationaler Ebene gelöst werden – die Verantwortung zum Klimaschutz liegt jedoch bei uns allen. EIKE hingegen leugnet und relativiert den kausalen Zusammenhang zwischen unserem Handeln und negativen Konsequenzen für das Klima.

Fazit

Der Klimawandel und seine Konsequenzen sind komplex – fest steht jedoch, dass es einen großen wissenschaftlichen Konsens darüber gibt, dass er menschlich bedingt ist und wir etwas dagegen tun müssen. Ein wichtiger Schritt ist die Aufklärung darüber, dass Klimawandel ernst genommen werden sollte und was man als Einzelperson tun kann.  Dabei ist es wichtig, sich einige Fragen zu stellen, wenn man mit Argumenten konfrontiert wird:

  1. Auf welche Quelle referiert die Argumentation? Liegt wissenschaftliche Expertise vor?
  2. Wird aufgrund einzelner Beobachtungen auf allgemeine Schlüsse gezogen? Wenn ja, ist das zulässig?
  3. Wird eine Ursache-Wirkungs-Beziehung angenommen und besteht diese wirklich? Gibt es andere Wirkungen, die auch berücksichtigt werden?

Diese Liste erhebt nicht den Anspruch vollständig zu sein, sie zeigt lediglich einige Strategien vor, die auch von EIKE verwendet werden. Diese Argumentationsstrategien zu kennen, kann dabei helfen Fakten und Fiktion voneinander zu trennen und Argumente von Klimaskeptikern zu entkräften.


[1] https://www.spiegel.de/panorama/klimawandel-michael-limburg-kaempft-gegen-den-konsens-a-00000000-0003-0001-0000-000001250551

[2] https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimaskeptiker-wir-brauchen-keine-klimaforscher-1.6518

[3] https://correctiv.org/faktencheck/2021/05/11/nein-die-entwicklung-des-meereises-am-suedpol-stellt-nicht-die-wissenschaft-ueber-den-klimawandel-infrage/

[4] https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-deutschland-verursacht-nur-rund-zwei-prozent-des-weltweiten-co2-ausstosses